Heute lernen wir Katarina Plattner, Studentin der FH-Campus Wien kennen! Sie studiert Soziale Arbeit im 2. Semester und erzählt uns heute etwas über ihre Erfahrung mit den Theorien der Sozialen Arbeit! Schön Sie kennen zu lernen, danke dass Sie für dieses Interview zur Verfügung stehen!
Kathi: Immer wieder gerne!
Wie stehen Sie zu Theorien Sozialer Arbeit? Wie begründen Sie diese Einstellung? Was ist Ihnen aus den Vorlesungen/Seminaren… besonders in Erinnerung geblieben? Woran erinnern Sie sich von den Texten? Welche Fragen haben sich bei Ihnen aus dem Gehörten/Gelesenen ergeben bzw. ergeben sich jetzt?
Kathi: Ich persönlich denke, dass die Theorien der Sozialen Arbeit eine wichtige Grundlage bilden und zum Reflektieren und Erweitern von Perspektiven anregen. Wichtige Grundlagen sind meines Erachtens die Menschen und Kinderrechte, der Capabilities Approach, eine sensible und reflektierte Auseinandersetzung mit Sprache, die Lebensweltorientierte Soziale Arbeit und viele weitere Theorien. Allgemein finde ich können Theorien 3 Aufgaben erfüllen. Sie können ein Ziel darstellen, welches erreicht werden soll (Menschenrechte, Capabilities Approach, …), können zum Nachdenken anregen (Kritische Soziale Arbeit, Soziale Arbeit als Menschenrechtskonvention, …) und eine Art Handbuch für Situationen in der Praxis darstellen. Grundsätzlich ist es aber glaube ich wichtig, dass die Theorie immer wieder mit der Praxis verglichen und überprüft wird, um möglichst verwertbare Informationen zu kreieren.
Themen, die mich zum Nachdenken angeregt haben, waren unter anderem die Kritische Soziale Arbeit (Winkler, Michael (2011): Kritische Sozialpädagogik. Oder: vorbereitende Bemerkungen zu einer Theorie der Vereinnahmung eines Zugangs.) und das Thema der „Umstrittenen Menschenrechtskonvention“ (Nivedita Prasad (2017): Soziale Arbeit: Eine umstrittene Menschenrechtsprofession). Besonders ist mir aus der Kritischen Soziale Arbeit im Gedächtnis geblieben, dass die Soziale Arbeit aus Kritik entstanden ist, und sich auch nur Aufgrund einer kritischen Auseinandersetzung mit bereits bestehenden Systemen und unserem Umfeld weiter entwickeln kann. Eine Frage, die ich mir im Nachhinein gestellt habe, war im Bezug zur Soziale Arbeit als Menschenrechtskonvention, ob und wie eine gesetzliche Umsetzung der Menschenrechte in jedem Land, die diese Unterschrieben haben möglich ist, um die Umsetzung dieser nicht nur idealerweise passieren zu lassen, sondern dies auch rechtlich abzusichern, ohne diese selbst einklagen zu müssen.
Was haben Sie an Theorie als hilfreich empfunden? Was finden Sie hinderlich?
Kathi: Besonders hilfreich fand ich die vielfältige Auseinandersetzung mit verschiedenen Theorien und Persönlichkeiten, welche mich wirklich sehr zu reflektieren und Nachdenken angeregt haben. Eine Tatsache die ich herausfordernd gefunden habe, war die teilweise sehr hochschwellig Sprache der Texte. Auch wenn ich es sehr wichtig finde, dass die Soziale Arbeit als Profession auf einem Hohen Standard gehalten wird, finde ich diese Texte sehr wichtig, und fände es sinnvoll, diese breiter zugänglich zu machen. Besonders der Text mit dem Capabilities Approach ist mir sehr komplex formuliert vorgekommen, und schreckt so glaube ich eine gewisse Personengruppe ab, die aber sehr wohl von den Inhalten des Textes profitieren können.
Wenn Sie sich für eine Theorie entscheiden müssten, z.B. Lebensweltorientierung, Menschenrechtsorientierung, Kritische Soziale Arbeit, etc., welche wäre das? Warum wählen Sie diese?
Kathi: Ich würde mich für die Theorie der Menschenrechtsorientierung entscheiden. Sie bildet die Grundlage aller anderen Theorien, denn wenn die Menschenrechte nicht gesichert sind, kann auch zum Beispiel keine erfolgreiche Lebensweltorientierte Soziale Arbeit geschaffen werden. Ich sehe es als wichtige Aufgabe der sozialen Arbeit für all jene Menschen einzutreten, die ihre eigene Rechte eventuell nicht einfordern können.
(Wie) werden Theorien Ihr Handeln als Sozialarbeiter*in beeinflussen? Welche Rahmenbedingungen brauchen Sie, um sich mit Theorien im Arbeitsalltag zu beschäftigen? Wo treffen sich Theorie und Praxis?
Kathi: Ich habe mich ehrlich gesagt am Anfang des Studiums gefragt, warum die Theorien der Soziale Arbeit erst im 2. Semester im Curriculum stehen, wo es doch oftmals üblich ist, dass diese zuerst als Grundlage unterrichtet werden. Aber nach diesem Semester hatte ich das Gefühl, dass das genau richtig war. Ich hatte schon einen groben Überblick über verschiedene Bereiche und Einsatzgebiete der Sozialen Arbeit und konnte so schon einiges Verknüpfen. Auf der anderen Seite war ich noch nicht in fixen Mustern festgefahren und konnte so meine Einstellung zu vielen Themen herausfordern. Theorien werden meine Arbeit als Sozialarbeiterin insofern beeinflussen, da sie mir Kontext und Überlegungen zu oft sehr komplexen Themen bieten. Auch wenn ich bestimmt nicht jede Theorie in die Praxis umsetzen werden kann oder will, bietet es doch fruchtbaren Boden für neue Gedankengänge, Kritik und Ideen.
Passende Rahmenbedingungen sind auf jeden Fall eine wichtige Basis, um sich auch im Arbeitsalltag fortzubilden und sich weiter mit den Theorien seines Arbeitsumfelds auseinanderzusetzen. Dazu zählen meines Erachtens ausreichend Zeit, um sich mit den neuen Theorien auseinanderzusetzten und den Austausch mit Kolleg*innen zu ermöglichen.
Theorie und Praxis treffen sich dort, wo Personen gelesenes und gelerntes in die Praxis umsetzen. Natürlich entsteht somit auch aus der Praxis wieder neue Theorie. Es bildet somit also eine Art Praxis-Theorie-Kreislauf.
Vielen Dank für dieses spannende Interview!
Kathi: Ich danke Ihnen für die Einladung!